"Mein Freund der Baum”
Baumriesen und Naturdenkmale in Berlin
In ihren Song “Mein Freund der Baum” besang einst die berühmte, 1969 verstorbene deutsche Schlagersängerin Alexandra das Schicksal eines Baumes, zu dem sie in Kindertagen eine besondere Beziehung hatte und der traurigerweise gefällt wurde. Nicht selten aber haben Bäume eine lange Geschichte hinter sich und haben die Menschen, die sie mal gepflanzt haben, bei weitem überlebt. Bei einem aufmerksamen Spaziergang durch Berlin findet man sie, die Baumriesen und Baumdenkmale und überhaupt exotisch anmutende Bäume, die augrund ihrer besonderen “Stellung” teilweise sogar zu einem Naturdenkmal erkoren wurden, während andere kurzerhand aus baurechtlichen Überlegungen mal einem Neubau oder einer neuen Straße weichen mussten oder Umwelteinflüsse sie dahin gerafft haben.
Oftmals kaum bemerkt
Bei so einem aufmerksamen Spaziergang kann der Naturliebhaber sie kennenlernen und bewundern. Oft muss man schon genauer hinschauen, um sie hier in der Stadt zu bemerken. Denn in der Hast des Alltag entgehen sie einem oftmals der Aufmerksamkeit. Nicht immer befinden sich diese besonders schützenswerten Bäume in Wäldern und Parks, wo man sie eher vermutet, sondern an den unmöglichsten Stellen mitten in der Stadt, so beispielsweise an verkehrsreichen Straßen und Baustellen. Doch haben diese Bäume oft etwas Besonderes, warum sie zu Naturdenkmalen erkoren wurden:
Laut Verordnung zum Schutz von Naturdenkmalen in Berlin vom 20. Mai 2021 sind das:
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Einzelne Bäume und Findlinge, die als Naturdenkmale geschützt werden, erfüllen ein oder mehrere Kriterien für die Schutzwürdigkeit.
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Von Bedeutung für die Wissenschaft ist ein Baum beispielsweise, wenn er besondere Eigenschaften aufweist oder in außergewöhnlicher Form wächst. Auch Bäume, die sich durch ihre besondere Anpassungsfähigkeit an klimatische Veränderungen auszeichnen, sind für die Wissenschaft von Bedeutung.
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Ein Zeugnis der Naturgeschichte sind unter anderem Bäume, die ein bedeutsamer Restbestand der ursprünglichen Naturlandschaft sind, oder Findlinge, die während der Eiszeit nach Berlin verdriftet wurden.
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Von Bedeutung für die Landeskunde sind Bäume und Findlinge, wenn sie beispielsweise in Zusammenhang mit einem bestimmten historischen Ereignis stehen, besonders bekannt sind, z. B. wiederholt in Kunstwerken dargestellt wurden, oder weil dort regelmäßige Veranstaltungen abgehalten wurden.
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Gegenüber anderen Bäumen und Gesteinsbrocken können sich naturdenkmalwürdige Bäume und Findlinge auch durch ihre Seltenheit, Eigenart oder Schönheit auszeichnen.
Baumriesen: Einige wichtige Merkmale großer alter Bäume sind tiefe und ausgedehnte Wurzelgeflechte, große Höhlen, große Seitenästen, ausgedehnte Baumkronen, produktive Blüten mit hoher Samenbildung sowie eine tief zerklüftete Rinde.
Verschiedene Lebensphasen
“Bäume haben eine andere Zeitdimesion als Menschen”, sagte Astrid Höfer, zertifizierte Stadtnaturführerin, bei einem Rundgang, beginnend am Steglitzer Kreisel. Denn auch Bäume haben verschiedene Lebensphasen – bis hin zu ihren Verfall, der durchaus aber erst nach hunderten von Jahren eintritt. Die Tausendjährige Eiche in Markt Küps in Oberfranken, ebenfalls ein Naturdenkmal, hat es altersmäßig bereits geschafft, die tausender Marke zu knacken. Allerdings können Eichen hierzulande durchaus bis zu 1.000 Jahre alt werden.
Man könnte sie fast bemitleiden, die alte Eiche direkt am Steglitzer Kreisel, Schloßstraße 81, um mal einige Beispiele aufzuzeigen. Neben dem ehemals skandalträchtigen Hochhausklotz, über einen langen Zeitraum Steglitzer Rathaus, erbaut in den Siebzigern, der gerade astbestsaniert wird und die nun neben einem Baugerüst steht, wo auch noch der Berufsverkehr vorbeirauscht. Sie wurde dort 1871 aus Anlass des Deutsch-Französischen Friedensvertrag gepflanzt und hat den Status eines Naturdenkmals.
708 Naturdenkmale in Berlin
Gar nicht weit entfernt, auf der anderen Straßenseite, sehr ruhig gelegen im Park der nahe gelegenen Schwartz'schen Villa stehen weitere imposante Bäume. Unter anderem kann man hier drei großgewachsene Gemeine Eiben, eine zweistämmige Kaukasischen Flügelnuss sowie eine imposante Blutbuche bewundern.
Empfehlenswert ist unter anderem auch ein Spaziergang entlang der Uferpromenade am Tretower Park, wo sich einige exotisch anmutende Baumexemplare, teilweise auch unter Naturdenkmalschutz, befinden.
Insgesamt stehen in Berlin 708 Naturdenmale unter besonderem Schutz, darunter befinden sich 638 Bäume und 70 Findlinge. Und darüber hinaus gibt es viele Baumriesen oder überhaupt auffällig außergewöhnliche Exemplare, die diesen Status nicht haben, aber aufgrund ihrer außergewöhnlichen Form immer wieder bewundert werden. Unter folgendem Link sind alle Berliner Naturdenkmale aufgelistet: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Naturdenkmale_in_Berlin
Bäume empfinden auch Schmerzen
“Naturdenkmäler sind rechtsverbindlich festgesetzte Einzelschöpfungen der Natur”, wie es im Bundesnaturschutzgesetz (BnatSchG) steht. Bäume können auch Schmerzen empfinden. Davon ist der deutsche Baumexperte und Buchautor Peter Wohlleben überzeugt. In seinem Wald wird deshalb große Rücksicht auf die Bäume genommen. Frantisek Baluska, Professor der Pflanzen-Neurobiologie in Bonn, will ebenfalls nicht ausschliessen, dass Bäume auch Schmerzen empfinden. Sicher ist, dass Bäume empfindlich seien, sagt er. “Wurzeln reagieren bereits auf Berührungen, die 100 bis 1000 Mal kleiner sind als solche, die ein Mensch oder Tier wahrnimmt”, fand Professor Baluska heraus. Außerdem würden Wurzeln bereits aus der Ferne spüren, wo Quellen oder Nährstoffe sind und wachsen in die entsprechende Richtung.
Das Alter errechnen
Wer aber genau wissen möchte, wie alt ein Baum ist, kann das mit folgender Methode heraus finden: In einem Meter Höhe wird der Umfang des Baumes gemessen. Das Ergebnis in cm dividiert durch 3 ergibt das Mindestalter, durch 2 das Höchstalter.
Volker Voss
Kritischer Agrarbericht 2022
Die notwendige Transformation der Landwirtschaft angehen
Pünktlich zur Grünen Woche 2022, die auch dieses Jahr wieder aufgrund der Pandemie nur online stattfand, erschien der Kritische Agrarbericht 2022 mit dem Schwerpunkt: Preis Werte Lebensmittel. Zugleich ist es eine Jubiläumsausgabe. Der Kritische Agrarbericht erscheint nun zum 30-mal. “Wir haben nie gewagt zu hoffen, das wir 30 Jahre schaffen”, ist Dr. Frieder Thomas vom Agrarbündnis bei der Vorstellung selbst überrascht. Der Kritische Agrarbericht dokumentiert jährlich die Vielfalt der politischen Debatte mit fundierter Kritik am derzeitigen Agrarsystem, aber auch mit Konzepten, Ideen und gelungenen Praxisbeispielen, wie es anders gehen könnte, heißt es bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des 352 Seiten umfassenden Bandes.
In elf Kapiteln geht es um die Themen: Agrarpolitik und soziale Lage. Schwerpunkt ist die Soziale Situation auf den Höfen bei der Transformation der Landwirtschaft – mit der Aufforderung diesem Thema stärkere Beachtung zu schenken. In den weiteren Kapiteln werden unter anderem die Themen Welthandel und Ernährung, Ökologischer Landbau, Produktion und Markt, Regionalentwicklung, Natur und Umwelt, Tierschutz und Tierhaltung, Gemtechnik, Verbraucher und Ernährungskultur behandelt.
Reformstau auflösen
Zuversichtlich äußerte sich Frieder Thomas bezüglich der neuen Bundesregierung: Vieles von dem, was in den Verbänden an Positionen und Konzepten erarbeitet worden sei, finde sich auch im Koalitionsvertrag wieder, lobt er die neue Regierung. Es sei nun notwendig, den Reformstau aufzulösen und die dringend notwendige Transformation der Landwirtschaft anzugehen. Dazu führt Tina Andres, Vorstandsvorsitzende des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) , aus: ”Warum die Bundesregierung sich 30 Prozent Bio vorneimmt und Öko als Leitbild für den Umbau etabliert? Weil Bio ein Umbauprogramm für die Landwirtschaft, Lebensmittelherstellung und Ernährung ist.” Das gebe Höfen eine Perspektive, vermeidet chemisch synthetische Pestrizide, hält Tiere artgerecht, macht Ernährungsstile nachhaltiger und schützt das Klima.
Es geht auch um die Preise
Es geht aber nicht nur um Fördermittel, sondern auch um Preise. So finden sich zwei Berichte im neuen Agrarbericht wie eine gerechte Verteilung der Wertschöpfungsketten, wie zum Beispiel in Frankreich und Spanien, gesetzliche Bestimmungen verhindern, dass Verarbeiter und Handel die Erzeugerpreise unter die Produktionspreise drücken können. Ähnliche Maßnahmen erwartet Frieder Thomas nun auch von der Bundesregierung. Doch sei das Thema Preise viel komplexer. Im Kritischen Agrarbericht wird darauf eingegangen, dass die “unsichtbaren” externen Kosten der Lebensmittelproduktion, die zu Lasten der Natur, der Allgemeinheit oder zukünftiger Generationen gehen, eingepreist werden müssten.
Die Bundesregierung müsse einen guten Aktionsplan zimmern, genug investieren, eine sinnvolle Infrastruktur entwickeln, forschen, ausbilden und Absatzpotentiale heben, führte Tina Andres weiter aus. Ein Leitbild für den Umbau seien die über 50.000 Höfe, Hersteller und Händler, die über die letzten Jahrzehnte hinweg einen “echten Toprunner” geschaffen hätten und mit gutem Beispiel vorangegangen sind.
Volker Voss
Kritischer Agrarbericht 2022
ISBN: 978-3-930413-70-6
352 Seiten, 25,- €
Hrsg. AgrarBündnis e.V.
www.kritischer-agrarbericht.de
Verbraucherpolitisches Forum 2021 auf der digitalen Grünen Woche
Thema: Nachhaltigkeit beim Lebensmitteleinkauf
Auch dieses Jahr fand während der Grünen Woche in Berlin wieder das Verbraucherpolitische Forum der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) statt – wenn auch nicht in gewohnter Form vor Ort, sondern coronabedingt diesmal rein digital. Thematisch ging es um “Nachhaltige Lebensmittelproduktion – Welchen Preis zahlen wir?” Diskutiert wurde über die wahren Kosten unserer Lebensmittelproduktion, die Möglichkeiten und Grenzen von Siegeln und die Notwendigkeit von gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Einerseits sind überfüllte Schweineställe zu beklagen, aber auf der anderen Seite ist da der kritischer werdende Verbraucher, der immer mehr Wert legt auf nachhaltige Produkte, stellt Prof. Klaus Grunert von der Aarhus Universität (Dänemark) fest. Doch wann ist Nachhaltigkeit gegeben und wie kommen wir dahin?, stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage. Es gibt eine Vielzahl von Labels, die alle Nachhaltigkeit versprechen, aber bei denen man schon aufgrund der Vielzahl den Überblick verliert.
“Es bedarf einer glaubwürdigen Kommunikation von Produkteigenschaften als Voraussetzung für einen grünen Umbau der Landwirtschaft”, so Prof. Klaus Grunert. Denn Nachhaltigkeit könne man weder sehen noch schmecken, so dass es für die Verbraucher schwer ist, den Überblick zu behalten beziehungsweis festzustellen, ob es sich überhaupt um nachhaltige Produkte handelt. Wann sagen die Preise die Wahrheit aus, nämlich dass alle Umweltschäden, die bei der Produktion entstehen, miteinbezogen werden. Doch wie können vertrauenswürdige Labels aussehen? Beispielsweise müsste irreführende Werbung unterbunden werden. Dazu bedarf es einheitlicher Standards. Schwierig wird es jedoch, alles in einem Label zusammen zu fassen.
Unfaire Handelspraktiken verbieten
Vzbv-Vorstand Klaus Müller mekte an, dass nicht allein die Verbraucher durch ihren Einkauf Missstände in der Produktion von Lebensmitteln korrigieren könnten. Er appellierte an die Bundesregierung, Konzerne durch Regelungen wie das Lieferkettengesetz und die Richtlinie über unlautere Handelspraktiken in die Pflicht zu nehmen. Um der ruinösen Preispolitik ein Ende zu setzen, müssten Dumpingpreise und unfaire Handelspraktiken generell verboten werden, sagte Marita Wiggerthale, Referentin für Welternährung und globale Agrarfragen bei Oxfam Deutschland.
Wollte man tatsächlich auch alle Folgekosten miteinbeziehen, würde dies unweigerlich zu höhren Preisen führen, wurde festgestellt. So kam dazu der Vorschlag, dass dann widerrum der Mindestlohn erhöht werden müsste, aber auch der Hartz IV-Satz, damit Menschen der unteren Einkommengruppen nicht benachteiligt würden.
Eine aktuelle Umfrage der vzbv unter Verbrauchern ergab dazu folgende Ergebnisse:
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Beim Kauf von Lebensmitteln sind den Befragten gute Arbeitsbedingungen für Beschäftigte in der Lebensmittelproduktion und die Einhaltung hoher Tierschutzstandards (jeweils 95 Prozent „eher bzw. sehr wichtig“) am wichtigsten.
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Die Einhaltung hoher Umweltstandards ist für 92 Prozent der Befragten „eher“ bzw. „sehr wichtig“, ebenfalls 92 Prozent der Befragten legt Wert darauf, dass die angebotenen Lebensmittel aus der Region kommen.
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Niedrige Preise für Lebensmittel sind dagegen nur für 40 Prozent der Verbraucher „sehr“ bzw. „eher wichtig“. Für 90 Prozent der Befragten ist es „sehr“ bzw. „eher schwer erkennbar“, ob die Produzenten einen fairen Preis erhalten haben. Die Einhaltung hoher Umweltschutzstandards in der Lebensmittelproduktion ist für 87 Prozent der Befragten „sehr“ bzw. „eher schwer erkennbar.“
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Gut acht von zehn Befragten (81 Prozent) denken, dass Landwirte in Deutschland für die von ihnen produzierten Lebensmittel keine fairen Preise erhalten.Knapp zwei Drittel (65 Prozent) der befragten Verbraucher sind dafür, die Folgekosten der Landwirtschaft wie z. B. Umweltschäden in die Preisbildung von Lebensmitteln miteinzubeziehen, auch wenn diese dadurch teurer werden. Zustimmung dafür gab es insbesondere von jüngeren Befragten.
Volker Voss
Weitere Infos unter: www.vzbv.de
Pünktlich zur Grünen Woche
Der neue Kritische Agrarbericht 2021 erschienen
Im Rahmen der Grünen Woche, diesmal coronabedingt digtal, wurde der diesjährige Kritische Agrarbericht 2021 vorgestellt. Der Bericht verstehe sich als “Buch der Bewegung” mit fundierter Kritik am derzeitigen Agrarsystem, so die Autoren bei der Vorstellung. “Welt im Fieber – Klima & Wandel” lautet der Titel. Treffender könnte der Titel des neuen Kritischen Agrarberichts wohl kaum ausfallen. Beschreibt er doch die aktuellen Probleme in der Landwirtschaft. Da wäre beispielsweise der Klimawandel: “Beim Klimawandel ist die Konsequenz von zu spätem Handeln für die Landwirtschaft bereits existenziell spürbar.” Die Temperaturkurve kenne nur eine Richtung – nach oben – und Dürren und Extremwetter nehmen zu, sagte Frieder Thomas, Sprecher des Agrarbündnisses bei der Vorstelltung des neuen Kritischen Agrarberichts.
Agrarwende schnell angehen
Frieder Thomas fordert: “Wenn Landwirtschaft so betrieben werden soll, wie die Gesellschaft es will, dann brauchen wir dringend eine tiefgreifende Transformation, die auch ein angemessenes Einkommen für die Landwirtschaft sichert. Damit unsere Bauernhöfe umwelt- und klimaschonend werden, müsse die Agrarwende möglichst schnell angegangen werden, so Myriam Rapior vom Bundesvorstand der BUNDjugend. Dafür müssten die Agrar-Milliarden aud Brüssel konsequent für klimafrendliche Praktiken in der Landwirtschaft genutzt werden.
Antje Kölling von Demeter wies darauf hin, dass das Interesse an Ökolandbau wachse. Gemäß Ökobarometer des Bundeswirtschaftsministeriums kauften 37 Prozent der Verbraucher häufig Bio-Produkte. Schließlich können sich etwas über 18 Prozent der Landwirte eine Umstellung auf Bio vorstellen, zitierte sie weiter aus dem Ökobarometer. Das Ziel sei, 25 Prozent Ökolandbau in 2030 zu erreichen.
Klima- und Tierschutz im Schulterschluss
Für Frieder Thomas steht zudem fest, dass mehr Klimaschutz nur im Schulterschluss mit mehr Tier-, Arten- und Umweltschutz gelingt. Die planetarischen Grenzen seien ausgereizt. Unsere Ernährungsgewohnheiten seien aus ethischer, gesundheitlicher und ökologischer Sicht desaströs und trügen zu globalem Hunger, Dürre und dem Schwinden der Artenvielfalt bei, ergänzt Thomas. Konsum und Produktion von tierischen Produkten müssten erheblich gesenkt werden.
Auch auf die Corona-Krise wird eingegangen. So heißt es im Editorial: “Ein Virus schafft, was kein Klimawandel zuvor vermocht hat: Er stellt unser gesamtes Lebens- und Wirtschaftsmodell infrage. Es sei auch noch nicht absehbar, welche konkreten Auswirkungen die Corona-Krise auf die Wirtschaft, aber auch auf die Klima- und Biodiversitätskriese haben wird.
Detaillierte Argumente für den Transformationsprozess
Für gute Argumente auf all die vielen Fragen und Probleme hinsichtlich der notwendigen Transformation der Landwirtschaft sei der Kritische Agrarbericht eine wichtige Lektüre, empfielt Frieder Thomas. Auf all die oben genannten Punkte und weitere Themen in diesem Zusammenhang wird im neuen Kritischen Agrarbericht detailliert eingegangen. Auf insgesamt 11 Kapitel werden unter anderem Themen unter den Leitbegriffen Ökologischer Landbau, Natur und Umwelt, Wald, Tierschutz und Tierhaltung, Gentechnik, Agrarkultur, Verbraucher und Ernährungskultur abgehandelt.
Volker Voss
Kritischer Agrarbericht
ISBN: 978-3-930413-69-0
360 Seiten, 25,- €
Hrsg. AgrarBündnis e.V.
www.kritischer-agrarbericht.de
Einfach gesünder essen
Fertiglebensmittel unter die Lupe genommen
Die Message war klar und unmissverständlich: “Wir wollen einfach gesünder essen”, so Moderatorin Tanja Busse, zur Eröffnung des Verbraucherpolitischen Forums auf der diesjährigen Grünen Woche in Berlin. Darum heißt es: “Du entscheidest, was du ist, doch wie sieht es in der Realität aus?,” fragt Klaus Müller, Vorstand Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in die Runde. Um diese, zunächst einfach formulierten Grundsätze in die Tat umzusetzen, bedarf es einiger Anstrengungen: faire Regeln und gesetzgeberische Unterstützung und ein vielfältiges Angebot, das nicht nur, wie heute weit verbreitet, aus schönen Bildchen und Labels auf den Lebensmittelverpackungen besteht.
So hat die Verbraucherzentrale Bundesverband seit über einem Jahr Zucker, Fett und Salz in Fertiglebensmitteln unter die Lupe genommen. Schließlich gibt es die Reduktionsstrategie der Bundesregierung, die unser Essen gesünder machen soll. Der Nutri-Score ist allerdings nur als erweiterte, freiwillige Nährwertkennzeichnung vorgesehen, was in der Praxis kaum funktionierte.
Die Verbraucherzentrale Bundesverbund erinnert daran, dass es seit Jahren eine intensive Diskussion in Deutschland über eine verbesserte gesunde Ernährung gibt, und zwar über Themen wie Lebensmittelampel, Ernährungsbildung oder Zuckersteuer. “Doch viele Jahre passierte: kaum etwas”, stellte die vzbv ernüchternd fest. Zwar hatte die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag eine Nationale Reduktionsstrategie für weniger Zucker, Fett und Salz vereinbart, die dann im Dezember 2018 vom Kabinett beschlossen wurde, aber kaum Wirkung zeigte.
Klare Vorgaben, statt Selbstverpflichtung
Teil dieser Nationalen Reduktionsstrategie ist eine freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie. Das reicht jedoch nicht: Der vzbv fordert nun von der Bundesregierung die Ziele der Nationalen Reduktionsstrategie verbindlicher, schärfer und transparenter zu gestalten. Kinder müssten ganz besonders geschützt werden. “Ein Verbot von an Kinder gerichtetes Marketing ist notwendig, wenn Produkte nicht den Anforderungen der Weltgesundheitsorganisation entsprechen, fordert der vzbv. “Unser Geschmack wird früh geprägt”, erinnert Klaus Müller. Gerade was Kindern angeboten werde, seien oft die reinsten Zuckerbomben und verweist ebenso auf die ungesunden Fast Food Angebote.
Über 50 Prozent der Erwachsenen und 15 Prozent der Kinder seien übergewichtig, weiß Professor Dr. Armin Spiller von der Georg-August-Universität Göttingen, Department für Agrarökonomie. Deutschland greife im Vergleich zu anderen EU-Ländern am wenigsten ein, kritisiert er. Eine aktuelle Umfrage der Verbraucherzentrale Bundesverband ergab, dass rund zwei Drittel der Verbraucher staatliche Maßnahmen zur Stärkung einer gesunden Ernährung befüfworten.
Volker Voss
Von Punkrock bis Puppenklinik
Das außergewöhnliche Ökozentrum in Wolimierz
“Bitte keine Zigarettenstummel auf den Boden werfen, Bierkorken sammeln und abgeben”, erinnert ein Rockmusiker vor dem Auftritt die zahlreich versammelten Konzertbesucher per Lautsprecher an die Grundsätze eines Ökofestes. Das war Ende August 2019 zu Beginn des jährlich stattfindenen ECO PUNK FESTIVAL, ein ökologisch ausgerichtetes Punk Rockevent im polnischen Wolimierz, bei dem die Avantgarde des polnischen Punkrocks ihren Auftritt hat. Viele der Musiker waren schon vor der Wende von 1989 aktiv und gehörten seinerzeit zur politischen Opposition.
Wer eine ganze Tüte Bierkorken abgibt, erhält zur Belohnung eine CD. Überall befinden sich blaue Säcke sowie Aschenbecher mit Sand gefüllt. Zudem gibt es jede Menge Hinweise zur Müllvermeidung. Der Glaspfand für ein Bier ist doppelt so hoch wie das Getränk. So ist garantiert, dass die leeren Gläser auch wieder den Weg zum Tresen zurückfinden. Und wer der Umwelt etwas besonders Gutes tun will, der bevorzugt ohnehin Kompostklos, verweist ein Hinweisschild in englischer Sprache.
Die Organisatoren des Festivals legten von Anfang an besonderes Augenmerk auf den Umweltschutz. Um die Sauberkeit während der Veranstaltung zu gewährleisten, werden in diesem Jahr sogar persönliche Aschenbecher verteilt. Es wird empfohlen, während der Veranstaltung keine Einwegflaschen zu kaufen. „Ökologie ist die größte Herausforderung unserer Zeit“, sagt Festival-Mitorganisator Teo.
Das ECO PUNK FESTIVAL ist aber nur eine von vielen Veranstaltungen und Festivals, die dort auf der Stacja Wolimierz (Station Wolimierz) am Dreiländereck Polen, Tschechien, Deutschland auf polnischer Seite im Herzen des Isergebirges stattfindet und viele Besucher anzieht. Seit nunmehr 28 Jahren gibt es das alternative Zentrum. Früher befand sich dort eine Bahnstation. Heute fahren zwar keine Züge mehr, aber es wird jede Menge Kultur geboten.
Kulturen aus aller Welt
Mittlerweile kann die Station Wolimierz auf eine lange Tradition zurückblicken. Von Anfang an gab es Initiativen zur Förderung von Ökologie und alternativem Lebensstil wie überall in Europa und der Welt. Da war anfangs schon das dreiwöchige ECOTOPII Festival. Damals kamen vierhundert Menschen aus aller Welt zusammen. Sie sammelten unter anderem den Müll vom nahegelegenen Fluss und kauften die meisten Produkte von lokalen Bauern. “Arbeit, Arbeit, Arbeit - und dabei viel Lachen, Musik und Theater machen”, heißt das Motto.
Außerdem gibt es dort kleine Produktionsstätten, eine Kneipe, eine Puppenklinik und Unterkünfte im Rahmen des Agratourismus. Es werden auch Kleidung und andere Dinge hergestellt. Zudem befinden sich auf dem Gelände eine Galerie und ein Theater, die als Treffpunkt für Künstler und Kunstinteressierte dienen. “Hier treffen sich Kulturen und Subkulturen aus allen Teilen der Welt”, wird betont. Geboten werden das Jahr über auch viele Workshops zu unterschiedlichen Themenbereichen wie beispielsweise Yoga.
Ebenso wird auf eine intensive Zusammenarbeit mit dem Service Civil International (SCI) verwiesen. SCI ist eine internationale NGO, die Hilfs- und Friedensdienste auf freiwilliger Basis organisiert und unter anderem nationale und internationale Workshops und längerfristige Freiwilligendienste anbietet. In dem Zusammenhang kamen Aktivisten aus Spanien, Italien, Deutschland, Mexiko, Finnland und Rumänien nach Wolimierz.
Das Projekt gewann einst den Wettbewerb der Batory Foundation für das “beste Projekt für ländliche Gemeinschaften”. Kommt man auf das Gelände, fällt einem der unter der Leitung des Glaskünstlers Maciek Wokan entstandene außergewöhnliche Spielplatz aus Holzstrukturen mit Türmen und Schaukeln auf. Da der Spielplatz jedes Jahr sein Gesicht und seine Form verändert, “hat er sich mitterlweile zu einem wahrhaft avantgardistischen und lebendigen Kunstwerk entwickelt”. So hat er in letzter Zeit sogar die Form eines Piratenschiffs angenommen.
Die Station Wolimierz, ebenso die nahe gelegenen Dörfer, sind bekannt als Orte ekologischen Tourismus und bieten dafür eine ausgezeichnete Infrastruktur.
Volker Voss
Stacja Wolimierz
59-820 Pobiedna
Ulica Dworcowa 73
Polen
Pol'and'Rock Festival mit neuem Müllvermeidungskonzept
Auch dieses Jahr kamen Anfang August wieder mehrere Hunderttausend Rockfans zum dreitägigen Pol'and'Rock Festival ins polnische Kostrzyn (Küstrin) nahe der deutschen Grenze. Während eine Berliner Tageszeitung das jährlich stattfindene Event im nachhinein als “ganz normalen Wahnsinn” bezeichnete, waren es für die Festivalbesucher drei ausgelassene Tage mit vielen Auftritten polnischer und internationaler Pop-, Rock- Punk und Metal-Bands. In diesen drei Tagen entwickelte sich die 18 Tausend Einwohner Gemeinde zu einem riesigen Kulturspektakel.
Während das Festival in früheren Jahren, im wahrsten Sinne des Wortes, stellenweise eher den Eindruck einer riesigen Müllhalde hinterließ, haben die Veranstalter ein neues Müllvermeidungskonzept entwickelt. “Wir arbeiten hart daran, das Festival zu einer umweltfreundlicheren Veranstaltung zu machen. Wir haben neue umweltfreundliche Lösungen eingeführt, um sicherzustellen, dass wir so wenig Spuren wie möglich hinterlassen”, so die positive Bilanz der Veranstalter. Schließlich sahen sie allen Grund, um sich im Nachhinein auf ihrer Website für die aktive Teilnahme der Besucher an der Öko-Initiative zu bedanken. Denn die Festivalbesucher haben am Ende der Veranstaltung ihre Zeltplätze gereinigt und alles recycelt, freuen sich Veranstalter.
Müllsäcke an die Festivalbesucher
Was war Gegenstand der neuen Öko-Initiative? Die Festivalbesucher haben jeweils mehrere Müllsäcke erhalten, um ihre Campingplätze sauber und ordentlich zu halten. Insgesamt gab es 157 ausgewiesene Müllhalden. Zum ersten Mal waren Einweg-Plastiktragetaschen in der Einkaufsgasse verboten. Die Anbieter von Lebensmitteln verzichteten auf Plastikbesteck und Verpackungen. Stattdessen gab es biologisch abbaubare Behälter. Auch die Festivalpartner und die Gemeinde Kostrzyn haben sich aktiv an dem Öko-System beteiligt. So wurden beispielsweise von der polnischen Großbrauerei, die die Festivalbesucher mit Gerstensaft versorgte, Workshops und Öko-Wettbewerbe durchgeführt, die Getränke nur in Bechern aus recycelten Materialien bzw. in Mehrwegbechern ausgegeben.
Eine große polnische Internetauktionsplattform bot den Besuchern in einen lehrreichen Labyrinth mit Wasserfontänen die Möglichkeit zum Auffüllen von Wasserflaschen. Die Festivalbesucher wurden zudem darüber informiert, dass das Wasser aus den installierten Armaturen trinkbar ist, was wiederum das Benutzen von Kunststoff-Wasserflaschen überflüssig macht. Für Fahrräder wurden sichere Abstellplätze zur Verfügung gestellt, wo auch kleine Reparaturen und Wartungsarbeiten durchgeführt werden konnten. Zudem präsentierten sich viel NGOs.
Teil der globalen Umweltbewegung
Das jährlich stattfindende Event mit Besuchern aus vielen Ländern auf einem ehemaligen Truppenüberungspaltz unweit der Stadt Kostrzyn läuft unter dem Motto „Liebe, Freundschaft und Musik“. Bis 2017 hieß das Spektakel „Przystanek Woodstock“ (deutsch: Haltestelle Woodstock), wurde ab letzten Jahr aus urheberrechtlichen Gründen aber in Pol'and'Rock Festival umbenannt.
Die Veranstalter sehen ihre Öko-Aktivitäten als Teil der globalen Umweltbewegung: “Wir sind uns bewusst, dass noch ein langer Weg vor uns liegt, aber wir wissen, dass der Wandel bereits begonnen hat. Es ist unsere Aufgabe, alles zu tun, was wir können, um die Verschmutzung der Erde zu stoppen.”
Volker Voss
Wandern nach Müllers Lust
Und sich vom schnelllebigen Leben ablenken lassen
“Das Wandern ist des Müllers Lust”, lautete einst eine Zeile des deutschen Dichters Wilhelm Müller, das er 1821 unter dem Titel Wanderschaft als Teil der Gedichtsammlung Die schöne Müllerin veröffentlichte. Nach wie vor ist die Lust am Wandern ungebrochen. Wandern erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Der Deutsche Wanderverband, “eine starke Lobby für Wandern, Kultur und Naturschutz” präsentierte sich dieses Jahr wieder auf der ITB Berlin und bot seine umfangreichen Programme an.
Vorgestellt wurde das 180 Seiten starke Jahresmagazin “Wanderbares Deutschland” für 2019 mit dem Schwerpunkt ´Regionale Schätze: Wandern.Entdecken.Genießen` “Denn nicht nur die Naturlandschaften sind hierzulande besonders reizvoll. Oft verleihen altes Handwerk, Traditionen, Brauchtum und Kultur den Wanderregionen ein markantes Profil, das den Ballungszentren inzwischen fehlt”, preist Lutz Bormann, Chefredakteur des Jahresmagazins das Wandern.
“Sich von der Natur und vom schnelllebigen Leben ablenken zu lassen”, empfielt Prof. Heinz-Dieter Quack, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Institut für Tourismus- und Regionalforschung in Salzgitter. “Als Wanderer wissen wir, wie wichtig ein intaktes Ökosystem auch für uns Menschen ist, verweist Dr. Hans-Ulrich Rauchfuß, Präsident des Deutschen Wanderverbandes.
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